Heinz Mack

Heinz Mack

Heinz Mack

Erleuchtung im ZKM

Schon zweiten Mal in diesem Jahr und innerhalb weniger Tage hat es uns nach Karlsruhe gezogen. Ausschlaggebend dafür war ein leider etwas enttäuschender Vortrag von Zukunftsforscherin Oona Horx-Strathern über Kindness Economy, zu diesem Thema sie just ein Buch geschrieben hatte, und wir eine Einladung vom BVMW erhalten haben. Naja.

Zero

Aber wir hatten Glück und haben – damit es die Anreise wert ist – noch einen Abstecher ins ZKM, das Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe, gemacht. Was sich bekanntlich immer lohnt. Dort hat nämlich Heinz Mack gleich zwei Lichthöfe erleuchten lassen. Bekannt wurde er durch die Künstlergruppe ZERO, die er gemeinsam mit „Brandmeister“ Otto Piene in Düsseldorf gegründet hat. Später gesellte sich der „Nagelmann“ Günther Uecker hinzu. Sie waren auf der Suche nach einem Neuanfang. Stunde Null. Daher der Name der Gruppe und der Zeitschrift, welche zu ihren Abendausstellungen erschien. Sie wollten nach dem zweiten Weltkrieg eine optimistische weltweite Kunst schaffen. Alle drei haben an der Kunstakademie in Düsseldorf studiert.

unendliche Abfolge von Licht und Schatten auf liegender Acht bestehend aus schrägen Klötzchen
Tusche-Zeichnung mit Rohrfeder auf Papier

Zurück zu Mack

Wie man in der umfangreichen Ausstellung gut nachvollziehen kann, experimentierte Mack zu Beginn vor allem mit den tollsten Materialien, Licht und Bewegung. Es blitzt, blinkt und dreht sich; Acrylglas, Alufolie, Holz, Aluminium, Quecksilber, Phosphor — alles im Einsatz. Es dreht sich um Licht und Bewegung. Im wahrsten Sinne des Wortes. Wenn man die Ausstellung im Lichthof 8 betritt, steht man direkt vor der „Licht-Choreographie“, einer Komposition aus verschiedenen Werken Macks, drehenden Edelstahlsäulen, Spiegeln, Licht. Die Idee dazu ist von 1966 und geht zurück auf einen dadaistischen Film von 1924 von Fernand Léger und Dudley Murphy. Realisiert wurde sie aber erst 2015 und ist so zum ersten Mal im ZKM zu sehen.

Komposition aus drehenden, verspiegelten Flächen als Kunstinstallation
Installation mit Lichtsternen aus Acrylglas

16.000 Watt

Die wahrlich umfassende Ausstellung zeigt Werke aus allen Schaffensphasen von Heinz Mack. Spannend ist sein Umgang mit den besagten Oberflächen, der Bewegung, die auch durch Wind und Licht in immer anderem Glanz erscheinen. Man muss sie erleben, mit der Kamera kaum festzuhalten. So richtig geht die Post ab im Raum „Ad Alta Potenza — 16.00 Watt“ alles reflektiert im Stroboskoplicht, bis der Arzt kommt. Puhhhh. Nach kurzer Erholung wird es bunt. Der Meister spielt ganz virtuos mit den Lichtfarben auf Glaswürfeln. Begeisternd. Einfach. Brillant. Technik, Natur und Kunst verschmelzen.

Lichtpavillon aus mineralisch bedampftem Glas

Ab in die Wüste

1959 und in den folgenden Jahren reiste er immer wieder in die Sahara, weil er dort glaubte die idealen Lichtverhältnisse vorzufinden. Licht und Raum in ihrer reinsten Form. Er installierte dort seine Werke und hielt dies auf Photos und Filmen fest, die er dann öffentlich präsentierte. Das ZKM hat keine Mühen gescheut und eben mal die Sahara in Lichthof 9 geholt, um einige der Werke wie damals in der Wüste zu präsentieren. Klingt verrückt, ist aber so. Nur die Arktis war für die Karlsruher (noch) zu kalt, da haben sie sich lieber für Bildmaterial entschieden. Mack selbst scheute die tiefen Temperaturen nicht und installierte seine Werke im grönländischen Eis oder ließ sie gar schwimmen. Er traut sich was, wenn da mal der Eisbär gekommen wäre …

lichtreflektierende Stelen im Wüstensand in Ausstellung
Abstufungen von Lichtfarben, Schwarz und Weiß als Flächen

Kein Ende in Sicht

Spannend sind auch seine neueren Werke, die teilweise noch deutlich dynamischer wirken. Im Kontrast dazu Skulpturen aus weißem Marmor. Er sieht sich selbst als Bildhauer und gibt sich immer mehr diesem Medium hin. Mack wurde 1931 geboren und ist bis heute aktiv auf der Suche. Er ist zweifellos einer der wichtigsten Vertreter kinetischer Kunst. Tolle Ausstellung, wer sie verpasst hat, hat etwas verpasst — man muss das ZKM immer auf dem Radar haben.

behauener Marmorklotz

La Bourse de Commerce

La Bourse de Commerce

Charles Ray
meets
Tadao Ando

La Bourse de Commerce, Paris

Rundbau mit Sichtbeton und einem runden Wandgemälde

Kunst oder Architektur oder Architektur für die Kunst

Tadao Ando hat ein wahres Meisterwerk vollbracht. Moderne trifft Geschichte. Beton katapultiert eine 500 Jahre alte Getreidehalle in die Zukunft. Das Gebäude steht zwischen Louvre und Centre Pompidou, wurde wohl 1578 erbaut und nach der Zerstörung und dem Wiederaufbau 1767 zur Getreidehalle. 1812 bekam es die damals größte Metallkuppel der Welt und war damit 1889 zusammen mit dem Eiffelturm Aushängeschild der Weltausstellung, und wurde schließlich zur „Bourse de Commerce“. Heute beherbergt es die „Pinault Collection“ mit rund 10.000 Werken von 350 Künstlern.

Kreisrund

Tadao Ando hat einen gigantischen Zylinder in das kreisrunde, geschichtsträchtige Denkmal betoniert. Hört sich krass an, ist es auch. Atemberaubend, radikal und doch eine gelungene Symbiose aus alt und modern. Er ist der Mittelpunkt des Gebäudes, lichtdurchflutet von der Glaskuppel und wird gekrönt vom 360°-Gemälde, das die Geschichte des Handels erzählt. Alles ist rund, das ganze Gebäude. Von unten aus erreicht man über einen Rundgang und die Treppen die Ausstellungsräume, den Aufenthaltsraum, den Empfangsbereich und ein wohl sehr leckeres Restaurant im dritten Stockwerk mit Blick über die Stadt. „La Halle aux Grains“.

Lichtkuppel
runde Architektur mit 360-Grad-Wandgemälde
Bemalte Gesichter in einer Ausstellung

Béton Brut

Wir hatten das Glück Bauten von Tadao Ando schon auf einer Japan-Reise zu sehen. Der ehemalige Profiboxer hat 1969 als Autodidakt sein Atelier gegründet. Vielleicht geht er deshalb so radikal an seine Werke heran. Äußerst minimalistisch, Sichtbeton (immer in der Größe der klassischen japanischen Tatami-Bodenmatten aus Reisstroh), einfache Formen, meist mit einem zentralen Raum in der Mitte, Licht von oben, hier und da ein Blick nach außen in die Natur. Er verbindet japanische Tradition mit Moderne auf einzigartige Weise. Er ist wohl der bekannteste Architekt Japans. Eine Frage, die man sich fortwährend stellt — wie haben die den ganzen Beton da hinein bekommen?

Kreisrunder Lichteinfall aus der Lichtkuppel
Glänzende Skulptur eines Reiters vor einem historischen Gebäude

Horse and Rider

Charles Ray (nicht mit Ray Charles zu verwechseln) arbeitet vor allem skulptural. Er verbindet sein kunstgeschichtliches Wissen, klassische Formen mit zeitgenössischer Umsetzung. Für ihn ist die Wahl des Materials so wichtig wie die Form. Marmor, Beton, Papier, Aluminium, Kohlefaser, alles dabei! Das genau macht aber seine Skulpturen so spannend. Schon vor dem Gebäude steht dieser 9 Tonnen schwere, polierte Reiter aus Stahl im Sonnenlicht, blitzt und funkelt wie im Kitschladen. Aber der Bursche trägt alltägliche Klamotten und keine Uniform, die Zügel hat er wohl auch vergessen?

Männer und Autos

Im Inneren dann, in der riesigen Rotunde, sind die Werke spärlich verteilt. Drei an der Zahl. Ein spielender Junge, eine alte Karre, ein Mann auf einem Klotz sitzend. WOW. Der Junge spielt völlig vertieft mit seinem Spielzeugauto kriegt nichts mit von dem was um ihn herum passiert. Die Karre ist ein altes, eigentlich schrottreifes Auto. Und der Mann auf der Box ist ein Selbstportrait, genaugenommen ist Charles Ray mal so ein Auto gefahren und der Junge ist auch er.

weiße Skulptur eines kleinen Jungens, in mitten von Museums-Besuchern
alte Schrottkarre in Museum
Skulptur eines Mannes, der auf einem Klotz sitzt

Hyperrealistische Skulpturen

Seine Skulpturen griffen häufig auf Figuren, bzw. Darstellungen in der Kunstgeschichte zurück, sind aber in die Gegenwart geholt und in einen zeitgenössischen Kontext gestellt. Auch spielt er gerne mit Proportionen, was die Werke noch kurioser macht. Charles Ray gilt als einer der wichtigsten zeitgenössischen amerikanischen Künstler. Seine Werke benötigen viel Zeit in der Entstehung, bisher gibt es nur um die 150 an der Zahl. Verglichen mit Picasso, der jeden Tag ein Werk geschaffen hat, ist das nicht viel.

weiße Skulptur von Jesus
Skulptur eines übergroßen Mannes, der einen Burger rin den Händen hält
Skulptur eines Zwergs in Sneaker liegend auf einem Quader

Nach so viel überwältigender Architektur und Kunst, heißt es für uns wieder, husch, husch zurück zum Messestand, damit auch alles passt und wir unser Werk dem Kunden übergeben können. Au revoir, Paris!

Pinault Collection

www.tadao-ando.com

www.charlesraysculpture.com

Richard Jackson

Richard Jackson

Richard Jackson

UNEXPECTED UNEXPLAINED UNACCEPTED

Unser erster Museumsbesuch seit Corona ging in die Schirn nach Frankfurt. Ganz unerwartet zu Richard Jackson aus California. Mit Online-Ticket für ein vorausgewähltes Zeitfenster, Maske und einer groben Vorstellung wie viel 1,5 Meter sind, haben wir uns in der ersten Schlange noch vor dem Gebäude eingereiht. Auch ein Seniorenheim machte wohl einen Ausflug. Neben unserem Ziel läuft noch eine zweite Ausstellung zu alten Künstlerdamen, aha! Nach kurzem treppauf ging es in einer zweiten Schlange weiter und der Abstand schrumpfte auf eine Armlänge — vor Spannung — oder wieviel sind gleich anderthalb Meter?

In jedem Falle wurde am Ende der zweiten Treppe klar getrennt: Links die Senioren und geradeaus durften wir. Ja, sonst war da niemand. Wir hatten die komplette Ausstellung für uns. Phantastisch. Geradezu unexpected. Woran das liegen mag? Hierzulande ist Richard Jackson wohl wenig bekannt. Jenseits des Teich aber sehr wohl. Er selbst ist großer Fan von Jackson Pollock und seine erste Schaffensphase dem abstrakten Expressionismus angelehnt. Er wohnte einige Zeit mit Bruce Naumann zusammen in Pasadena und wurde von seinem Förderer Edward Kienholz in die Kunstwelt von LA eingeführt, ursprünglich studierte er Bauingenieurwesen in Sacramento.

MALMASCHINEN

Richard Jacksons Kunst kurz beschrieben: ein konzeptuell-humoristisch-expressiver Environment-Popart-Mix. Dabei ist ihm der Entstehungsprozess wichtiger, nicht das Endprodukt. Nach seiner expressionistischen Phase hat sich für ihn immer mehr der Malprozess erweitert, dabei sind mit der Zeit immer mehr Malmaschinen entstanden, welche er selbst konstruiert. Diese können ganze Autos oder sogar Flugzeuge beinhalten. Diese Maschinen versprühen dann exakt geplant, zufällig Farbe. Klingt verrückt? Ist aber so. Seine Installationen sind immer vielteilig, aufwendig hergestellt und (nicht nur) durch lebensgroße Glasfiberkomikfiguren auch sehr lustig. Einige seiner Werke hat er auch wieder zerstört, der Weg ist sein Ziel.

THE WAR ROOM

Auf der Ausstellung selbst werden fünf seiner „Rooms“ gezeigt, seit 2005 sind davon bisher zwölf entstanden. Seine Werke benötigen Platz und als erstes springen einem die überlebensgroßen Dagoberts ins Auge. Mit „The War Room“ hat er Jasper Johns monumentales Gemälde „Dymaxion Map“, basierend auf Buckminster Fullers idealistischer Weltkarte, wieder zurück auf einen Raum gefaltet und ringsum riesige Generäle in Entenform positioniert, die sich gegenseitig mit Farbe bespritzen — der Kampf um die knappen Ressourcen.

THE DINING ROOM

In „The Dining Room“ hat er eine häusliche Szene, wie aus einem Splatterfilm als eskaliertes Abendessen dargestellt. Der Papa hat sich mal so richtig Luft gemacht. Auch hier wurde über gesteuerte Kompressoren ganz gezielt Farbe zufällig verspritzt.

BED ROOM

„Bed Room“ ist die Weiterführung einer 25 Jahre älteren (und zerstörten) Version eines detailgetreu nachgebauten Schlafzimmers. Allerdings muss sich unter dem Bett eine Hydraulik befunden haben, welche das mit Farbe versehene Bett an der Decke rotieren ließ. Er hat schon früher die farbige Leinwand zur Wand gedreht, so entstanden seine „Wall Paintings“.

THE MAID’S ROOM

Eine Hommage an Marcel Duchamps Installation „In Étant donnés“ hat er mit dem voyeuristischen Raum „The Maid’s Room“ geschaffen. Was da mit dem Staubsauger abgegangen ist, will man nicht wissen.“… man muss sich den Entstehungsprozess selbst vorstellen“, sagt der Künstler.

THE DELIVERY ROOM

Ähnlich blutig geht es in „The Delivery Room“ zu. In einem Kreißsaal findet eine Entbindung statt. Allerdings schaut das ganze aus wie ein Massaker. Wofür die verspritzte Farbe steht dürfte klar sein. Hier wird in einem Kraftakt die expressionistische Maschinenmalerei geboren.

Der 1939 geborene Künstler versucht bis heute die Malerei zu erweitern und hat wohl sichtlich Spaß dabei. Wenn gleich ihm klar ist, dass alles eine Lebensdauer hat, er irgendwann sterben wird und mit ihm dann auch seine Kunst! Nun ja, hoffentlich bleibt doch einiges davon erhalten. Tolle Ausstellung mit inspirierenden Werken. Unerwartet eben.

Stephan Marienfeld

Stephan Marienfeld

STEPHAN MARIENFELD

KUNST, DIE UNS FESSELT

Wir haben den aufstrebenden deutschen Künstler Stephan Marienfeld in seinem Atelier in Hattingen an der Ruhr besucht. Auch wenn unsere Besichtigungstour schon eine Weile her ist, möchten wir doch endlich mal unsere Eindrücke über seine Arbeiten und den sympathischen Menschen dahinter teilen.

VOM BESTEN GELERNT

Stephan Marienfeld war fast zehn Jahre lang Schüler und Assistent Anthony Craggs, damaliger Rektor der Kunstakademie Wuppertal. Diese Zeit mit dem erfolgreichen bildenden Künstler hat Marienfeld sehr geprägt. Als seine „rechte Hand“ setzte er viele Jahre lang dessen Entwürfe in die dritte Dimension um und war damit unmittelbar an der Realisierung vieler bekannter Kunstwerke beteiligt. Im Jahr 2000 hat er sich dann schließlich in die künstlerische Eigenständigkeit gewagt und anschließend zahlreiche prämierte Ausstellungen im In- und Ausland realisiert. Er wird von Galerien auf der ganzen Welt vertreten und viele seiner Werke befinden sich mittlerweile in öffentlichen und privaten Sammlungen.

NEUE FORMEN DES AKTES

Einen Namen gemacht hat sich Stephan Marienfeld vor allem mit seiner Bondage-Reihe. Ein Beispiel dafür ist „Dislike“, in der er mit optischen Täuschungen spielt. Die häufig an Bäumen oder Wänden angebrachten Werke machen den Eindruck leicht verformbarer Luftballons, die von einem Hanfseil gehalten und gleichzeitig gefesselt werden. Seine Intention ist die Anordnung der Dislikes an verschiedenen Objekten, wo sie scheinbar nicht hingehören. Was so weich und elastisch wirkt, ist eigentlich eine mit Lack übergossene Skulptur aus unterschiedlichen Materialien. Die Objekte, mit Seilen verformt und von ihnen eingeengt, repräsentieren Knechtschaft und den Druck von außen.

BLOW UP

Den scheinbaren Ausbruchskampf der Skulptur thematisiert ebenso die Beherrschung von Material – ein maßgebliches Thema aller Arbeiten Marienfelds. Das Spiel zwischen Spannung und Wölbung lässt die harten Materialien weich und formbar wirken, wie z. B. auch in der Werkserie „Blow up“ oder in der Installation „Now“.

CUBES UND CANS

Auch in seinen Serien „Cubes“ und „Cans“ spielt Stephan Marienfeld mit der Bedeutung und optischen Veränderung von Material. Dabei nutzt er Porzellan, Polyester, Bronze aber auch Beton und Aluminium.

Er schleift und poliert bis er zufrieden ist und das alles in Handarbeit.
Es ist die Liebe zum Detail, zur Materialität und Perfektion, die uns so begeistert.
Vielen Dank, dass wir kommen durften!

ZKM Negativer Raum

ZKM Negativer Raum

ZKM Karlsruhe

Negativer Raum

Zentrum für Kunst und Medien in Karlsruhe mit Nebel und Skulptur

SKULPTUR UND INSTALLATION

„Weg von der klassischen Definition der Skulptur, hin zur Eröffnung neuer Möglichkeiten“. So beschreibt Kurator Peter Weile das Ziel der Ausstellung „Negativer Raum“ im Zentrum für Kunst und Medien, kurz ZKM, in Karlsruhe. Entgegen den Gesetzen von Schwerkraft, Masse und Volumen, sollen die ausgestellten Exponate einen neuen Blick auf die moderne und zeitgenössische Skulptur eröffnen und somit die Geschichte der Skulptur neu erzählen. Über 350 Kunstwerke aus aller Welt machen Raum erlebbar und sind gerade für Designer eine Quelle der Inspiration. Negativer Raum ist schwer greifbar. Dennoch wird er in der Ausstellung in Form von Freiräumen, Hohl- und Zwischenräumen, Spiegel-, Licht- und Schattenräumen sowie optischen Täuschungen sichtbar gemacht. Wir haben uns auf den Weg nach Karlsruhe gemacht und uns die interaktive und abwechslungsreiche Ausstellung im ZKM angeschaut.

ALLES IST ERLEBBAR

Raum, wie wir ihn kennen, ist mit unseren Sinnen erfahrbar und charakterisiert sich durch den Bezug des Menschen mit seiner Umgebung. Bis 1900 waren Skulpturen körperzentriert. Dies bedeutet, dass diese zwar dreidimensional im Raum stehen, aber der Raum selbst nicht zum Thema wird. Die Entwicklung der westlichen Skulptur ist also seit der Antike mit der Idee des Körpers und den Kriterien Masse, Volumen und Schwerkraft verbunden. In der Ausstellung „Negative Shapes“ steht das Gegenteil im Fokus: Beeindruckende Installationen, Spiegel, Licht und Schatten erschaffen Formen und ändern den Blick auf die moderne und zeitgenössische Skulptur. Auch kleinteilige Elemente wie Fäden oder kleine Metallblättchen wurden von den Künstlern raumbildend genutzt um einen anderen Blick auf Skulptur und Raum zu geben.

große Kugel, geformt aus vielen kleinen goldenen Metallblättchen, Sicht von unten
Leinwand mit dem Schatten zweier Personen und einem Vogelschwarm

DER BESUCHER ALS TEIL DER AUSSTELLUNG

Das Besondere für den Besucher ist die Wahrnehmung des Raumes mit allen Sinnen und das interaktive Erleben der Exponate und Installationen. Wir fanden es besonders faszinierend, wie Licht und Schatten Räume erschaffen können. Genauso beeindruckend war, wie groß die Wirkung von Animationen auf den Raum sein kann.

Im Shadow Play durften wir als Besucher Teil der Ausstellung werden. Dort ist man selbst der Hauptdarsteller und hat sichtbaren Einfluss auf das Kunstwerk. Gefühlt sind wir Teil eines Films und beeinflussen mit unseren Schatten den Ablauf der Animation auf der riesigen Leinwand. Mal fliegt ein Vogelschwarm über uns hinweg, mal fallen „Schattenhäuschen“ vom Himmel, die wir auffangen können und mal öffnen sich mit einer Geste digitale Fenster an der Wand. Der Besucher betritt eine Bühne und spielt mit seinen Bewegungen die Hauptrolle.

 Auch der Infinity Room ist uns als sehr beeindruckend in Erinnerung geblieben. Komplett mit Spiegeln ausgestattet lassen die Reflexionen jegliche Grenzen verschwimmen. Das Gefühl in einer unendlichen Weite zu stehen und fast schon in der Luft zu schweben macht sich breit. Unterstützt wird dieser Effekt durch Lichtinstallationen, die das grenzenlose Gefühl vollkommen machen. Da Licht und Animation zwei sehr wichtige Komponenten im Messedesign sind, lassen wir uns gerne von solchen Ausstellungen inspirieren. Das Erschaffen von Räumen ist unsere tägliche Aufgabe und spannende Effekte durch Videoinstallationen und Licht setzen auch beim Messebau besondere Akzente.

Zwei Frauen in einem komplett verspiegelten Raum, Sicht von oben
Ein schwarzer Raum, nur von einem Lichtkegel durchbrochen, der den Schatten einer Person sichtbar werden lässt

©Krishna Reddy (@oyekalakaar)

MIT LICHT UND SCHATTEN RAUM ERSCHAFFEN

Wenn man der Ausstellung weiter folgt, gelangt man zum Shadow Room. In diesem stockfinsteren Zimmer wird die räumliche Bedeutung von Licht und Dunkelheit deutlich spürbar. Durch eine Schleuse gelangt man in den völlig schwarzen Raum, ausgestattet mit nur einem einzelnen Scheinwerfer an der gegenüberliegenden Wand. Der Strahl durchbricht die Dunkelheit und zieht sich durch das gesamte Zimmer. Wenn man diesen versucht zu berühren oder durchschreitet, spürt man das Licht regelrecht auf der Haut. Der beleuchtete Bereich grenzt sich von seiner schwarzen Umgebung ab und erschafft so separaten Raum.

 

Danke an Krishna Reddy für die fantastischen Photos im Shadow Room.
Many thanks to Krishna Reddy for creating this extraordinary picture in the shadow room.