Museum Brandhorst

Museum Brandhorst

Museum Brandhorst

Pinakothek der Moderne

Nachdem ich eigentlich wegen eines kleinen Wirbelsäulen-Fachkongresses in München war, um beim Standaufbau insbesondere unseren neu entwickelten, vibrationsfreien Unterboden beim Ersteinsatz zu begutachten, hat sich nach erfolgreichem Aufbau, der Folgetag zu einem wahren Ausstellungsmarathon entwickelt. Ich war zu Besuch im Museum Brandhorst und in der Pinakothek der Moderne.

MUSEUM BRANDHORST
FOREVER YOUNG

Das Museum Brandhorst feiert 10 Jahre. Seit Beginn begeistert mich ja immer noch die Fassade, welche aus eigens dafür entworfenen 36.000 Keramik-Elementen in 23 Farben besteht, was dem Gebäude selbst den Eindruck abstrakter Kunst gibt. Mindestens genauso bunt ist aber die Ausstellung FOREVER YOUNG.

 

Los geht es im EG mit den Pop-Art-Klassikern wie Andy Wahrhol, Keith Haring, Jean-Michel Basquiat, Jeff Koons und weiteren. Mein persönliches Highlight ist aber die Disko-Kugel, einmal stündlich dreht sie sich.

Im Untergeschoß wird es etwas aktueller, angeführt von Damien Hirsts Tablettensammlung, gefolgt von Mike Kellys Mobile-Interpretation oder Jutta Koethers „Gemäldesammlung“.

 Im Obergeschoß befindet sich die permanente Ausstellung von Cy Twombly. Die Rosenbilder hat er anlässlich der Eröffnung, eigens für den Saal konzipiert. Er hat einen sehr unverkennbaren abstrakten Stil mit aber immer wiederkehrenden Elementen. Auch seine handschriftartigen Bilder, wie bspw. „Nini’s Painting“ sind einzigartig. Man meint Fragmente lesen zu können, kann es aber nicht wirklich.

PINAKOTHEK DER MODERNE

Gleich nebenan befindet sich die Pinakothek der Moderne. Betritt man die Rotunde empfängt einen direkt ein riesiges verchromtes Pendel vom Meister der Lampen, Lichtobjekte und -installationen: Ingo Maurer. Das „Pendulum“ spiegelt die Besucher, die Säulen und natürlich das hereinfallende Licht und — durch die sanfte Bewegung — strahlt es Ruhe in einem meist gut besuchten Raum aus.

BALKRISHNA DOSHI
ARCHITEKTUR FÜR DEN MENSCHEN

Doch erst mal kurz die indische Verwandtschaft besuchen. Gleich neben der runden Theke geht es zur Ausstellung über „Balkrishna Doshi“. Indischer Architekt, Stadtplaner und Pädagoge. Seit Mitte des letzten Jahrhunderts hat er unerbittlich daran gearbeitet die Architektur in Indien zu modernisieren. Angefangen bei Privathäusern über Schulen bis hin zu ganzen Städten oder Stadtteilen. Habe noch nie so viele tolle Holz-Architekturmodelle gesehen, wie in dieser Ausstellung, schon dafür lohnt der Weg. Obwohl der mit Le Corbusier und Louis I. Kahn zusammenarbeitete, hat er es geschafft deren Ansätze mit traditionellen indischen Formen zu verbinden und eine eigene Sprache zu entwickeln. Nachhaltigkeit spielt für ihn eine große Rolle um die sozialen, ökologischen und ökonomischen Gegebenheiten in Indien einzubeziehen.

200 JAHRE THONET DESIGN

Folgt man nun dem Weg ins Untergeschoß zu all den Designklassikern, kommt man an der „200 Jahr Feier“ der Firma Thonet vorbei. Artig in der Stuhl-Arena nebeneinander aufgereiht, kann man alle Klassiker betrachten. Aber bitte nicht Platz nehmen! Thonet schaffte es mit neuen technologischen und produktionstechnischen Möglichkeiten eine neue moderne Formensprache zu schaffen. Die Form folgte den industriellen Fertigungsmethoden für die Serienproduktion. Und damit waren auch ganz Preise möglich. Später folgten dann die Stahlrohrmöbel, mit dabei die Klassiker von Mies van der Rohe und Marcel Breuer.

INGO MAURER
DESIGN OR WHAT?

Wenige Schritte weiter bin ich dann an meinem eigentlich Ziel angekommen „Ingo Maurer intim. Design or what?“ Die Ausstellung ist noch mit ihm gemeinsam entstanden, am 21. Oktober diesen Jahres ist er leider verstorben. Sein subtiler Umgang mit Licht und Schatten, die spielerischen Ideen sind unvergleichlich und technisch war er immer bei den Vorreitern. Einer meiner Lieblinge ist die Zettel’z, Filigrane Drähte mit kleinen Klammern, an die man beliebige Zettel hängen kann. Damit wird die Lampe niemals langweilig oder kann ganz pragmatisch genutzt werden. Toll auch die LED-Tapeten und natürlich alle gezeigten Stehlampen, Pendelleuchten, Lichtobjekte und die Niedervolt-Seilsysteme mit Halogenspots, womit er den internationalen Durchbruch schaffte und unzählige Male kopiert wurde.

Er gestaltet ganze öffentliche Räume, mit Licht hat er es geschafft Architektur, Design und Kunst zu verschmelzen. Allem voran steht immer eine Idee, ein Konzept, welches dann im Team brillant umgesetzt wird. Seine Lampen können wahrlich fliegen. Dürfte ich mich für eine Lampe in der Ausstellung entscheiden, wäre ich Schach-matt. Entscheidungsunfähig. Alles sind toll, auf ganz unterschiedliche Weise. Also unbedingt hingehen und ansehen!

Wer dann noch nicht genug hat schaut sich das künstlerisch-grafische Werk von Hermann Glöckner an oder dampft zwischen den schaurigen Gestalten bei „Feelings“ im ersten Obergeschoß aus. Die Pinakothek lohnt sich irgendwie immer. Frohes Fest!

Thomas Hirschhorn

Thomas Hirschhorn

THOMAS HIRSCHHORN

NEVER GIVE UP THE SPOT

chaotische Ausstellung zum Mitmachen

MUSEUM ZUM MITMACHEN

Wie trete ich mit meinen Besuchern in Interaktion und lasse sie Teil der Ausstellung werden? Diese Frage ist für uns als Messeplaner und -designer essenziell. Denn Erlebbares bleibt im Gedächtnis und schafft einen neuen Zugang zu Marke und Produkt. Der Schweizer Installationskünstler Thomas Hirschhorn hat sich in seinem Kunstwerk „Never Give Up The Spot“ mit diesem Thema auseinandergesetzt.

Die außergewöhnliche Ausstellung fand vom 19. Oktober 2018 bis zum 3. Februar 2019 im Münchener Museum Villa Stuck statt, welches dieses Jahr sein 50-Jahr-Jubiläum feiert.

Doch was ist das Besondere an diesem Kunstwerk? Der Bildhauer formt auf drei Stockwerken des neuen Atelierbaus eine graue Kunst-Ruine: In drei Metern Höhe thront eine Kloschüssel, am Boden liegen Betonbrocken und riesige Styroporklötze wild durcheinander. Die Fassade ist scheinbar zerstört, wirkt mit den herausstehenden Lüftungsrohren und herausgerissenen Kabeln wie ein gigantisches Chaos. Hirschhorn hat es mit seiner Open-Door-Mentalität geschafft, Zerstörung und Kreation miteinander zu verbinden. Dabei bedient er sich verschiedenster Kanäle: In der ganzen Stadt werden Flyer verteilt und unter dem Hashtag #NeverGiveUpTheSpot wird die Entwicklung des Kunstwerks auf Social-Media-Kanälen dokumentiert.

Durcheinander mit Styropor-Klötzen, einer Kloschüssel in großer Höhe und einer zerstörten Fassade
Notizen, Klebeband und Styropor als Ausstellungs-Gestaltungsmittel

EINE SCHÖPFUNGSGESCHICHTE

Nicht nur der freie Eintritt sondern auch die Einladung zur Mitgestaltung verwandeln die Ruine in ein ansprechendes und interaktives Erlebnis für die Besucher. Diese haben die Möglichkeit in zwei Unterständen Neues zu kreieren und ihrer Fantasie freien Lauf zu lassen – alles ohne Wachpersonal. Dabei kann jeder mit Klebeband, bunter Farbe und Sprühdosen, sowie Papier und riesigen Styroporblöcken das begehbare Kunstwerk umgestalten und ergänzen.

JEDER IST WILLKOMMEN

Nach dem Willen des in Frankreich lebenden Künstlers sollen die Menschen selbst Hand anlegen – ein krasser Kontrast zu der klassischen „Bitte-nicht-berühren-Politik“ in vielen Museen. Wir waren beeindruckt, wie viele neue Werke innerhalb von dreieinhalb Monaten Ausstellungs-Zeit entstanden sind. Dabei betont Hirschhorn, dass die Definition eines „Werkes“ sehr individuell interpretiert werden kann: ein zwischenmenschliches Gespräch kann genauso erschaffen werden, wie ein Text oder ein Bild an der Wand. Die nötigen Werkzeuge, Materialien und Computer stehen für jeden zur freien Verfügung. „Ich denke, dass man für das nicht-exklusive Publikum arbeiten muss“, erklärt der Installations-Künstler, „das heißt, für den, der andere Probleme hat als Kunst.“

Ausstellungsbesucher sind selbst kreativ

EIN RAUM ZUM ERLEBEN UND KOMMUNIZIEREN

Hirschhorns neuartiger Ansatz interessiert uns besonders im Hinblick auf das Design von Messeständen. Mit unseren Projekten schaffen auch wir erlebbare Räume. Jeder Messestand übermittelt mit Hilfe von Architektur, Materialien, sowie Videos und Animationen eine Botschaft an den Besucher. Dieser kann das Produkt sehen, fühlen und erleben. Ähnlich kommuniziert auch Hirschhorn mit seinen Besuchern. Die künstlich erschaffene Ruine ist ein Ort zum offenen Kommunizieren und Gestalten. Er schafft Raum.

Gemälde einer Frau auf Pappkarton
zerstörte Fassade mit heraushängenden Lüftungsrohren

DAS „NEUE“ MUSEUM

Der Künstler selbst sieht die Ruine als „Versuch, das Museum neu zu denken“. Erst wenn alte Strukturen aufgebrochen werden, können neue entstehen. „Ich zerstöre das Museum nicht“, beteuert Hirschhorn, „ich möchte es dazu bringen, seine Position zu überdenken.“ Das Prinzip klassischer Museen ist zu weit vom Besucher entfernt. Häufig bestehend aus sterilen, neutralen Räumen lädt es höchstens dazu ein, sich im Flüsterton über die Kunst auszutauschen. Es bietet wenig Berührungspunkte zwischen Betrachter und Werk. Thomas Hirschhorn hat es geschafft diese künstlich erschaffene Distanz aufzulösen, Kunst erlebbar zu machen und sie in ein Gemeinschaftswerk zu verwandeln. Ganz nach dem Motto „jeder ist ein Künstler“.