Bernd Schwarzer

Bernd Schwarzer

Bernd Schwarzer

Europakunst

chaotisches Atelier mit Gemälden, offenen Farben, Staffeleien und Fahnen

ZU BESUCH BEI BERND SCHWARZER

Überraschend kam ich zu dem Vergnügen einen Atelierbesuch bei Bernd Schwarzer in Düsseldorf zu machen. Der Künstler persönlich hat meinen Bruder und mich über vier Stunden durch zwei seiner vier Ateliers und seinen neuen Ausstellungsraum geführt.

Öl-Porträt des Papstes in blau und gelb

„EUROPAKUNST“

Sein zentrales Thema ist Europa. Seit einigen Jahren dreht sich bei ihm alles darum: Seine Farbpalette baut sich um die Farben gelb und blau, aber auch schwarz, rot und gelb (gold) auf. Begonnen hat alles nach dem Mauerfall. Was seine Kunst auszeichnet, ist der unglaublich pastose Farbauftrag. Zu diesem hat ihn – wie er ausführt – van Gogh inspiriert, er hat die Dicke aber weit übersteigert. Ein weiterer für ihn wegweisender Künstler und Vorbild ist Joseph Beuys, bei dem er auch einige Zeit als Gaststudent gelernt hat.

IDEENREICH

Bernd Schwarzer selbst ist überaus sympathisch und strotzt vor Energie und Ideenreichtum. Zu den vielen Werken, die in Arbeit sind und seine Ateliers füllen plant er an seiner größten Vision – sein Europa-Museum. Dazu soll auch eine Akademie gehören und das Schwarzer Café. Ich freue mich schon auf meinen nächsten Besuch.

GEORDNETES CHAOS

Der pure Wahnsinn springt einem entgegen, wenn man das erste Atelier betritt. Ein scheinbares Chaos auf drei Stockwerken. Beeindruckt steht man da und weiß gar nicht, wo man zuerst hingucken soll. Deckenhoch stapeln sich Fundstücke, Zeitungen, Bücher, Kunstwerke, Farbe, Pinsel, Kisten, dazwischen Work-in-Progress. Aber hinter dem Chaos steckt System. Alle Kisten sind beschriftet und mit einem Handgriff findet der Künstler, was er sucht. In unserem Fall alte Zeichnungen — und er hat richtig gute Zeichnungen. Man sieht, er hat sein Handwerk gelernt. Er redet über aktuelle und kommende Ausstellungen, seine Pläne und Visionen mit dem Europa-Museum und dass er gar nicht hinterher kommt. Irgendwie kenne ich das …

DIE ERSTEN WERKE

Zwei Frühwerke. Zwei Zeichnungen. Eine mit Bleistift, eine mit Tusche. Ein Stein auf einem riesigen Blatt Papier, das andere ein elektrischer Stuhl auf einem ziemlich kleinen Blatt Papier. Beide super gezeichnet. Fraglos.

DER NEUE SHOWROOM

Raus aus dem Atelier, die Straße runter und um die Ecke sieht man schon ein knallgelbes Mehrfamilienhaus mit fetter Aufschrift EUROPAKUNSTHALLE. Bernd Schwarzers Vision ist auf sehr gutem Weg Wirklichkeit zu werden. Wir betreten die heiligen Hallen und stehen schon mitten drin. Die kommende Ausstellung wird gerade vorbereitet, es hängen noch wenige Bilder, die meisten stehen an der Wand im Raum verteilt. Er stellt gerade im Landtag NRW aus und vor kurzem am Bundestag mit einer Ausstellung.

CROSS-OVER IM ATELIER

Innerhalb von 3 Minuten geht es mit dem Taxi zum nächsten Atelier. Es ist sein neustes und wurde davor von Günter Uecker bespielt. Überhaupt die ZERO-Gruppe war gleich hier um die Ecke und Kraftwerk auch, die jetzt auch ein Museum bekommen sollen, sagt er. Hier im Umkreis von einem Kilometer wären alle großen Künstler zugange. Die Tür geht auf, das Licht geht an, das ähnliche Chaos, wie im ersten Atelier, auf gefühlt 800 Quadratmetern. Verrückt. Doch hier sind mehr aktuelle Arbeiten zu sehen. Es hängen mindestens 20, 30 Bilder an Wänden und Staffeleien, an denen gemalt wird, der Farbauftrag ist mehr oder weniger weit fortgeschritten. Der Prozess ist ein langwieriger, er malt teils Jahre an einem Werk. Aktuell scheint es ein Cross-Over aus Pop-Art zu sein, er interpretiert Warhol mit seinem pastosen Van-Gogh-Strich, übermalt Magazine und wird politisch, indem er Politiker und Künstler in seinem Europa vereint.

Vielen Dank, Herr Schwarzer für diese ganz persönliche Führung!

Vertigo

Vertigo

Vertigo

Stuttgart

Produktpräsentation eines kompakten schwarzen Mikroskops

ERFOLGSFAKTOR DESIGN

Unser Weihnachtsausflug hat uns nach Stuttgart geführt. Vor der Ausstellung Vertigo im Kunstmuseum hat uns unser Weg ins das Design Center Baden-Württemberg geführt. In der Ausstellung ERFOLGSFAKTOR DESIGN im Haus der Wirtschaft, im Steinbeis-Saal, werden Exponate ausgezeichneter Produkte des Designpreis FOCUS OPEN 2019 aus unterschiedlichsten Designdisziplinen und Branchen gezeigt. Gutes Design ist ein Innovations- und Erfolgsfaktor, man setzt sich vom Wettbewerb ab und stärkt damit seine Marke. Die Ausstellung ist kostenfrei und relativ überschaubar.

Modell eines gelben Krans

Interessante Produktentwicklungen

Aus den unterschiedlichsten Branchen gibt es Produktentwicklungen zu sehen wie das Minimic TL1 Mikroskop das durch seine kompakte Bauweise und transparente Oberfläche unter normalen Laborgeräten auffällt, zudem fehlt das Okular. Die eigentliche Innovation ist die durch KI und Cloud-basiertem Deep Learning selbstständige Auswertung von Proben. Viel größer aber trotzdem mikro ist das Mikrohofhaus Gebäudekonzept vom Atelier Kaiser Shen Architekten — Wohnen auf die wesentlichen Funktionen und minimale Fläche zu reduzieren.

Präsentation dreier Holzkohlegrills in schwarz auf je drei Metallbeinen

Männerspielzeug

Eher Makro, aber zum Bau von Wohnraum fast unabdingbar ist der 370 EC-B Turmkran von Liebherr. Ganz neu gedacht und konzipiert wurde dieser vom UP Designstudio. Ein wahres Spielzeug für Männer ist dann aber der Bowl, ein schicker multifunktionaler Holzkohlegrill von Höfats, zum Grillen, Kochen oder als Feuerschale verwendbar. Und sein schuppiges Grillgut schneidet man dann am besten mit einer ergonomischen Klinge aus der Sea Knives Messerserie von Robert Herder aus Solingen. Viel Spaß beim Genießen!

Bild eines Schiffes mit Schiffsschraube in schwarz-weiß

VERTIGO.
OP-ART UND EINE GESCHICHTE DES SCHWINDELS 1520 – 1970

Nach der kurzen Visite im Design Center haben wir uns spontan noch für einen Besuch im nahe gelegenen Kunstmuseum Stuttgart entschieden. Dort wird noch bis Mitte April die sehenswerte Ausstellung zur Op-Art gezeigt, in Zusammenarbeit mit dem Wiener mumok.

Kunst-Installation aus Hohlspiegeln, Acrylglas und Holz

Optische Täuschungen

In der Op-Art werden keine klassischen Inhalte mehr verarbeitet, sondern visuelle Wirkungen treten in den Vordergrund. Sehr grafische Formen, geometrische Muster, Verzerrungen, Kipp-Effekte und viele weitere Ansätze. Es wird auf alle Sinne abgezielt, bis hin zu Schwindel und Überforderung. Daher auch der Titel „Vertigo“ vom gleichnamigen Film von Alfred Hitchcock.

Bild aus roten, blauen und weißen Wellen, das Bewegung vortäuscht

Konstruktive, Konkrete Kunst

Die Op-Art wird zwar den 1960er Jahren zugeschrieben, ihren wahren Ursprung hat sie aber wohl im BAUHAUS und dem russischen Konstruktivismus. Beide unterscheiden zwischen Licht und Farbe, was in deren Wahrnehmung begründet ist. Licht ist immateriell und kann sich bewegen, die Farbe jedoch haftet am Körper. Daher unterscheidet man auch die kinetische und die statische Op-Art — im Raum und auf der Fläche. In beiden Fällen wir mit optischen Effekten gespielt oder experimentiert, was den Reiz dieser Kunstrichtung ausmacht. Lustigerweise besonders gerne von (Gebrauchs-)Grafikern verwendet, die wie bspw. Victor Vasarely, auch ein künstlerisches Werk geschaffen haben. Und irgendwie mögen wir es auch gerne. Bei Messen geht es ja um Raum und eben auch Effekte, die den Besucher begeistert aufsehen lassen.

Op-Art Künstler

Um einige der bekanntesten Op-Art-Künstler zu nennen: Josef Albers, Heinz Mack, Bridget Riley oder auch Günther Uecker. Aber — wie der Titel erahnen lässt — gab es natürlich auch schon viel früher Künstler, die sich mit den optischen Phänomen auseinandergesetzt haben, oder geschickt obszöne Inhalte vertuscht haben.

Kunstinstallation aus Lichtprismen und Spiegeln

Die über zwei Stockwerke gehende Ausstellung begeistert mit jedem Bild, jeder Installation, jedem Effekt und jedem Raum den man betritt. Kleine wie große Kinder haben ihren Spaß bei den visuellen Erfahrungen, die man hier ganz spielerisch im Umgang mit Kunst macht und die Zeit vergeht wie im Fluge.

Mehr zum Thema optische Täuschungen gibt es in unseren Blogbeiträgen zu Victor Vasarely und ART Karlsruhe.

Zur Erholung nach dem aufregenden Nachmittag hatten wir erst mal einen Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt nötig. Auch letzterer mit seinen toll geschmückten Buden ist eine Reise wert, allerdings erst wieder zur nächsten Adventszeit. Unser nächster Blogbeitrag lässt hoffentlich nicht ganz so lange auf sich warten … wir bleiben dran!

Museum Brandhorst

Museum Brandhorst

Museum Brandhorst

Pinakothek der Moderne

Nachdem ich eigentlich wegen eines kleinen Wirbelsäulen-Fachkongresses in München war, um beim Standaufbau insbesondere unseren neu entwickelten, vibrationsfreien Unterboden beim Ersteinsatz zu begutachten, hat sich nach erfolgreichem Aufbau, der Folgetag zu einem wahren Ausstellungsmarathon entwickelt. Ich war zu Besuch im Museum Brandhorst und in der Pinakothek der Moderne.

MUSEUM BRANDHORST
FOREVER YOUNG

Das Museum Brandhorst feiert 10 Jahre. Seit Beginn begeistert mich ja immer noch die Fassade, welche aus eigens dafür entworfenen 36.000 Keramik-Elementen in 23 Farben besteht, was dem Gebäude selbst den Eindruck abstrakter Kunst gibt. Mindestens genauso bunt ist aber die Ausstellung FOREVER YOUNG.

 

Los geht es im EG mit den Pop-Art-Klassikern wie Andy Wahrhol, Keith Haring, Jean-Michel Basquiat, Jeff Koons und weiteren. Mein persönliches Highlight ist aber die Disko-Kugel, einmal stündlich dreht sie sich.

Im Untergeschoß wird es etwas aktueller, angeführt von Damien Hirsts Tablettensammlung, gefolgt von Mike Kellys Mobile-Interpretation oder Jutta Koethers „Gemäldesammlung“.

 Im Obergeschoß befindet sich die permanente Ausstellung von Cy Twombly. Die Rosenbilder hat er anlässlich der Eröffnung, eigens für den Saal konzipiert. Er hat einen sehr unverkennbaren abstrakten Stil mit aber immer wiederkehrenden Elementen. Auch seine handschriftartigen Bilder, wie bspw. „Nini’s Painting“ sind einzigartig. Man meint Fragmente lesen zu können, kann es aber nicht wirklich.

PINAKOTHEK DER MODERNE

Gleich nebenan befindet sich die Pinakothek der Moderne. Betritt man die Rotunde empfängt einen direkt ein riesiges verchromtes Pendel vom Meister der Lampen, Lichtobjekte und -installationen: Ingo Maurer. Das „Pendulum“ spiegelt die Besucher, die Säulen und natürlich das hereinfallende Licht und — durch die sanfte Bewegung — strahlt es Ruhe in einem meist gut besuchten Raum aus.

BALKRISHNA DOSHI
ARCHITEKTUR FÜR DEN MENSCHEN

Doch erst mal kurz die indische Verwandtschaft besuchen. Gleich neben der runden Theke geht es zur Ausstellung über „Balkrishna Doshi“. Indischer Architekt, Stadtplaner und Pädagoge. Seit Mitte des letzten Jahrhunderts hat er unerbittlich daran gearbeitet die Architektur in Indien zu modernisieren. Angefangen bei Privathäusern über Schulen bis hin zu ganzen Städten oder Stadtteilen. Habe noch nie so viele tolle Holz-Architekturmodelle gesehen, wie in dieser Ausstellung, schon dafür lohnt der Weg. Obwohl der mit Le Corbusier und Louis I. Kahn zusammenarbeitete, hat er es geschafft deren Ansätze mit traditionellen indischen Formen zu verbinden und eine eigene Sprache zu entwickeln. Nachhaltigkeit spielt für ihn eine große Rolle um die sozialen, ökologischen und ökonomischen Gegebenheiten in Indien einzubeziehen.

200 JAHRE THONET DESIGN

Folgt man nun dem Weg ins Untergeschoß zu all den Designklassikern, kommt man an der „200 Jahr Feier“ der Firma Thonet vorbei. Artig in der Stuhl-Arena nebeneinander aufgereiht, kann man alle Klassiker betrachten. Aber bitte nicht Platz nehmen! Thonet schaffte es mit neuen technologischen und produktionstechnischen Möglichkeiten eine neue moderne Formensprache zu schaffen. Die Form folgte den industriellen Fertigungsmethoden für die Serienproduktion. Und damit waren auch ganz Preise möglich. Später folgten dann die Stahlrohrmöbel, mit dabei die Klassiker von Mies van der Rohe und Marcel Breuer.

INGO MAURER
DESIGN OR WHAT?

Wenige Schritte weiter bin ich dann an meinem eigentlich Ziel angekommen „Ingo Maurer intim. Design or what?“ Die Ausstellung ist noch mit ihm gemeinsam entstanden, am 21. Oktober diesen Jahres ist er leider verstorben. Sein subtiler Umgang mit Licht und Schatten, die spielerischen Ideen sind unvergleichlich und technisch war er immer bei den Vorreitern. Einer meiner Lieblinge ist die Zettel’z, Filigrane Drähte mit kleinen Klammern, an die man beliebige Zettel hängen kann. Damit wird die Lampe niemals langweilig oder kann ganz pragmatisch genutzt werden. Toll auch die LED-Tapeten und natürlich alle gezeigten Stehlampen, Pendelleuchten, Lichtobjekte und die Niedervolt-Seilsysteme mit Halogenspots, womit er den internationalen Durchbruch schaffte und unzählige Male kopiert wurde.

Er gestaltet ganze öffentliche Räume, mit Licht hat er es geschafft Architektur, Design und Kunst zu verschmelzen. Allem voran steht immer eine Idee, ein Konzept, welches dann im Team brillant umgesetzt wird. Seine Lampen können wahrlich fliegen. Dürfte ich mich für eine Lampe in der Ausstellung entscheiden, wäre ich Schach-matt. Entscheidungsunfähig. Alles sind toll, auf ganz unterschiedliche Weise. Also unbedingt hingehen und ansehen!

Wer dann noch nicht genug hat schaut sich das künstlerisch-grafische Werk von Hermann Glöckner an oder dampft zwischen den schaurigen Gestalten bei „Feelings“ im ersten Obergeschoß aus. Die Pinakothek lohnt sich irgendwie immer. Frohes Fest!

Clark Richert – Hyperspace

Clark Richert – Hyperspace

Clark Richert

„Hyperspace“ in Colorado

Geometrische Strukturen in einem Kunstwerk

glücklicher Zufall

Auf unserem hochtemperierten Erkundungstrip durch Denver haben wir zum Abkühlen Stopp gemacht im Museum of Contemporary Art, kurz MCA. Manchmal hat man Glück und so sind wir auf eine überraschend spannende und umfangreiche Ausstellung gestoßen: die erste große Retrospektive des wohl bekanntesten Künstlers Colorados, Clark Richert. Dessen Titel „Hyperspace“ klingt ja vielversprechend. Richerts Werke behandeln die Erschaffung von Raum mit überwiegend geometrischen Formen. Gerenell fokussiert sich die Ausstellung auf Richert als Maler und als feste Institution der künstlerischen Landschaft von Colorado.

Ausstellungsraum mit Screens und einem großen Wandbild mit kuppelförmigen Häuschen

EINE HIPPIE-KOMMUNE ALS KÜNSTLERISCHE INSPIRATION

Bekannt ist Clark Richert vor allem als Mitbegründer der legendären Hippie-Kommune „Drop City“. Diese entstand zwischen 1965 und 1969 in der Nähe von Trinidad, Colorado. Mit dieser grundlegenden Erfahrung in seinem Leben wird die Ausstellung auch eröffnet. Seine Arbeit in der Kommune zeigt seine konzeptionellen Gedankengänge. Diese spiegeln sich in seiner Affinität zu Dimensionalität widers. Das Interesse und die Faszination des Verhältnisses zwischen mehreren Dimensionen wurde vor allem durch R. Buckminster Fuller beeinflusst. Deswegen bauten Richert und die anderen „Droppers“ die „Domes“, ihre Wohn- und Arbeitsräume, nach dessen Design.

Ausstellung mit eingerahmten, bunten Illustrationen an der Wand

Geometrische Kunstwerke

Seine Vorliebe für Dimensionalität wird auch in seinen akkurat gemalten Bildern deutlich, die er als Mitglied der „Criss-Cross“ Community erschuf. Er und andere Mitglieder leiteten die geometrischen Formen und Strukturen in ihren Kunstwerken von gegebenen Mustern aus der Natur, Mathematik, Wissenschaft, Musik und Technologie ab. Demnach kreierten Sie diese nicht neu, sondern illustrierten und interpretierten Vorhandenes in einer neuen Weise. Was zuerst flach wirkt, bekommt bei genauerem Hinsehen eine unglaubliche Tiefe mit sehr dreidimensionaler Wirkung.

Gemälde zweier Fenster und dem leeren Raum dazwischen
Blick in Ausstellungsraum mit geometrischen Bildern

DAS ERSCHAFFEN VON DREIDIMENSIONALITÄT

Die Ausstellung folgt Richerts künstlerischen Entwicklung und zeigt wie vielseitig er gearbeitet hat. In den späten 1980ern und 1990ern macht seine Kunst einen ungewöhnlichen Ausflug in die Welt des Piktorialismus, eine kunstfotografische Stilrichtung, die sich von seinen sonstigen Werken stark unterscheidet. Ein künstlerisches Beispiel aus dieser Zeit ist das Gemälde „Blue Room“, das exemplarisch aufweist, dass dieser Kunststil oft leere, voluminöse Räume darstellt. Es zeigt, wie er eine zweidimensionale Oberfläche nutzt um einen dreidimensionalen Raum zu erschaffen.

Ein Jahrzehnt später beschreibt Richert in einem Essay, dass er die Leinwand als ein Fenster sehe, durch welches eine Welt wahrnehmbar sei. Demnach bedeutet dies für ihn, dass das Gemälde verschiedene Dimensionen beinhaltet und die Leinwand als Rahmen für einen leeren Raum fungiert. Folglich ist Raum und dessen Erschaffen ein zentraler Aspekt Richerts Kunst. Ende der 1980er Jahre begann Richert große, realitätsnahe Gemälde zu erschaffen. Diese Werke zeigen erneut, wie intensiv sich der Künstler mit dem Verhältnis der flachen Oberfläche der Leinwand und dem dimensionalen Raum des Bildes beschäftigt. Er erschafft Tiefe und dadurch erschafft er Raum.

geometrisches Gemälde mit gelben, roten und blauen Vierecken
Bild mit räumlicher Tiefe durch bunte Linien und Punkte

EINE AUSSTELLUNG MIT NACHGANG

„Hyperspace“ hat uns extrem beeindruckt. Es zeigt, wie intensiv Richert sich mit geometrischen Gesetzen, Dimensionalität und Raum auseinander gesetzt hat. Auch wenn sich die Werke, die im MCA ausgestellt wurden, optisch und stilistisch unterscheiden mögen, sie entstanden alle auf der Basis von geometrischen Prinzipien. Beeindruckend realistisch verwandelt der Künstler flache Oberfläche in zwei- oder dreidimensionale Räume. Ein Talent, das der Amerikaner durch viel Forschung perfektioniert und womit er eine neue Darstellung von Dimensionalität erschaffen hat.

Einen etwas anderen Ansatz zu konstruierten räumlichen Dimensionen finden Sie in unserem Blogbeitrag zu Victor Vasarely.

ZKM Negativer Raum

ZKM Negativer Raum

ZKM Karlsruhe

Negativer Raum

Zentrum für Kunst und Medien in Karlsruhe mit Nebel und Skulptur

SKULPTUR UND INSTALLATION

„Weg von der klassischen Definition der Skulptur, hin zur Eröffnung neuer Möglichkeiten“. So beschreibt Kurator Peter Weile das Ziel der Ausstellung „Negativer Raum“ im Zentrum für Kunst und Medien, kurz ZKM, in Karlsruhe. Entgegen den Gesetzen von Schwerkraft, Masse und Volumen, sollen die ausgestellten Exponate einen neuen Blick auf die moderne und zeitgenössische Skulptur eröffnen und somit die Geschichte der Skulptur neu erzählen. Über 350 Kunstwerke aus aller Welt machen Raum erlebbar und sind gerade für Designer eine Quelle der Inspiration. Negativer Raum ist schwer greifbar. Dennoch wird er in der Ausstellung in Form von Freiräumen, Hohl- und Zwischenräumen, Spiegel-, Licht- und Schattenräumen sowie optischen Täuschungen sichtbar gemacht. Wir haben uns auf den Weg nach Karlsruhe gemacht und uns die interaktive und abwechslungsreiche Ausstellung im ZKM angeschaut.

ALLES IST ERLEBBAR

Raum, wie wir ihn kennen, ist mit unseren Sinnen erfahrbar und charakterisiert sich durch den Bezug des Menschen mit seiner Umgebung. Bis 1900 waren Skulpturen körperzentriert. Dies bedeutet, dass diese zwar dreidimensional im Raum stehen, aber der Raum selbst nicht zum Thema wird. Die Entwicklung der westlichen Skulptur ist also seit der Antike mit der Idee des Körpers und den Kriterien Masse, Volumen und Schwerkraft verbunden. In der Ausstellung „Negative Shapes“ steht das Gegenteil im Fokus: Beeindruckende Installationen, Spiegel, Licht und Schatten erschaffen Formen und ändern den Blick auf die moderne und zeitgenössische Skulptur. Auch kleinteilige Elemente wie Fäden oder kleine Metallblättchen wurden von den Künstlern raumbildend genutzt um einen anderen Blick auf Skulptur und Raum zu geben.

große Kugel, geformt aus vielen kleinen goldenen Metallblättchen, Sicht von unten
Leinwand mit dem Schatten zweier Personen und einem Vogelschwarm

DER BESUCHER ALS TEIL DER AUSSTELLUNG

Das Besondere für den Besucher ist die Wahrnehmung des Raumes mit allen Sinnen und das interaktive Erleben der Exponate und Installationen. Wir fanden es besonders faszinierend, wie Licht und Schatten Räume erschaffen können. Genauso beeindruckend war, wie groß die Wirkung von Animationen auf den Raum sein kann.

Im Shadow Play durften wir als Besucher Teil der Ausstellung werden. Dort ist man selbst der Hauptdarsteller und hat sichtbaren Einfluss auf das Kunstwerk. Gefühlt sind wir Teil eines Films und beeinflussen mit unseren Schatten den Ablauf der Animation auf der riesigen Leinwand. Mal fliegt ein Vogelschwarm über uns hinweg, mal fallen „Schattenhäuschen“ vom Himmel, die wir auffangen können und mal öffnen sich mit einer Geste digitale Fenster an der Wand. Der Besucher betritt eine Bühne und spielt mit seinen Bewegungen die Hauptrolle.

 Auch der Infinity Room ist uns als sehr beeindruckend in Erinnerung geblieben. Komplett mit Spiegeln ausgestattet lassen die Reflexionen jegliche Grenzen verschwimmen. Das Gefühl in einer unendlichen Weite zu stehen und fast schon in der Luft zu schweben macht sich breit. Unterstützt wird dieser Effekt durch Lichtinstallationen, die das grenzenlose Gefühl vollkommen machen. Da Licht und Animation zwei sehr wichtige Komponenten im Messedesign sind, lassen wir uns gerne von solchen Ausstellungen inspirieren. Das Erschaffen von Räumen ist unsere tägliche Aufgabe und spannende Effekte durch Videoinstallationen und Licht setzen auch beim Messebau besondere Akzente.

Zwei Frauen in einem komplett verspiegelten Raum, Sicht von oben
Ein schwarzer Raum, nur von einem Lichtkegel durchbrochen, der den Schatten einer Person sichtbar werden lässt

©Krishna Reddy (@oyekalakaar)

MIT LICHT UND SCHATTEN RAUM ERSCHAFFEN

Wenn man der Ausstellung weiter folgt, gelangt man zum Shadow Room. In diesem stockfinsteren Zimmer wird die räumliche Bedeutung von Licht und Dunkelheit deutlich spürbar. Durch eine Schleuse gelangt man in den völlig schwarzen Raum, ausgestattet mit nur einem einzelnen Scheinwerfer an der gegenüberliegenden Wand. Der Strahl durchbricht die Dunkelheit und zieht sich durch das gesamte Zimmer. Wenn man diesen versucht zu berühren oder durchschreitet, spürt man das Licht regelrecht auf der Haut. Der beleuchtete Bereich grenzt sich von seiner schwarzen Umgebung ab und erschafft so separaten Raum.

 

Danke an Krishna Reddy für die fantastischen Photos im Shadow Room.
Many thanks to Krishna Reddy for creating this extraordinary picture in the shadow room.