London calling
Kunst bis der Kopf raucht
Mit der höchsten Dichte an Museen ist London führend in Europa. Aber auch sonst eine Reise wert. Das letzte Mal war ich vor über 10 Jahren dort und seither ist viel passiert. Unter anderem hat der Brexit Spuren hinterlassen. Als Besucher war London schon immer teuer. Die Hotelpreise sind nochmal gestiegen, die Qualität leider nicht. Aber London hat ja mehr zu bieten und schlafen kann man schließlich auch zu Zuhause.
Nachdem für uns der September und Oktober vollgepackt mit Messen in verschiedenen europäischen Metropolen ist, fühlt es sich an wie Inselhopping. Diesmal ging es von Hamburg für zwei Tage nach London. Größer konnte der Kontrast nicht sein, Hamburger Hauptbahnhof mit warmem Spätsommer Wetter und leider viel Elend. Kurz darauf Ankunft in der fast leeren, nostalgischen Paddington Station bei Regenwetter.
Bis auf das Wetter zeigte sich London von seiner schönsten Seite. Läden, Cafés, Restaurants, Pubs und Bars teils traditionell, teils modern, meist sehr innovativ. Das kulturelle Angebot steht dem kulinarischen in nichts nach.
Designer-Maker-User
Zum Einstieg ging es erstmal in das Design Museum, das schon architektonisch beeindruckt. Im Obergeschoss wird die Ausstellung mit dem Titel „Designer-Maker-User“ gezeigt. Etwas überladen aber sehr wertschätzend unserer Arbeit als Designer gegenüber. Dass die Firmen Braun und Apple Design-Ikonen sind, weiß mittlerweile jeder. Aber hinter wievielen Prozessen und alltäglichen Dingen ein kluger Kopf steckt, wird jedem Besucher schon nach den ersten Metern klar.
Das Museum selbst schreibt über die Ausstellung
„Design is a process carried out by people, for people. At its heart is a dialogue between three key people: the designer, the maker and the user. This exhibition invites you to explore design from the perspectives of all three. It shows how designers respond to the needs of makers and users, how users consume and influence design, and how revolutions in technology and manufacturing transform our world.
The exhibition draws on the Design Museum’s collection of objects to help us think about a wide variety of designed products – including many that will be familiar – in new and revealing ways.“
Moderne Meister im Moco
Da „immersive Experience“ gerade in aller Munde ist mache ich mich als nächstes auf den Weg zum Frameless, die größte permanente multisensorische Erfahrung in Großbritannien. Aber irgendwie haben mich der Eintrittspreis und der Blick durch das Schaufenster nicht überzeugt. Schiele habe ich schon in Wien gesehen, Monet und Dalí mich nicht vom Hocker gerissen.
Das neu eröffnete Moco Museum nebenan war doch eher meins. Auch wenn der Eintritt ebenfalls nicht günstig ist. Von außen sieht man schon, was einen erwartet: „Ikonische Werke von berühmten modernen und zeitgenössischen Künstlern und aufstrebenden Stars“ so steht es zumindest auf deren Webseite.
Zeitgenössische Künstler
„Warhol, Haring, Banksy, Basquiat. Kusama und mehr! Eine Reise durch die Werke der legendärsten Meister, die die Kunstgeschichte neu definiert haben.“
Sie alle haben ihren Platz bekommen. Bereits im Erdgeschoss wird man erschlagen von großformatigen Werken und Namen, unter denen auch Damien Hirst, Jeff Koons und Tom Wesselmann vertreten sind. Hat man bisher keinen Ahnung oder keinen Überblick zu den zeitgenössischen Künstlern, dann spätestens jetzt.
Überraschung
Etwas zu viel Namedropping meiner Meinung nach, daher bin ich froh auch mal im Obergeschoss und Untergeschoss den einen oder anderen mir Unbekannten zu treffen. Wobei: Surprise, surprise, wer kennt ihn nicht? Robbie Williams macht jetzt auch Kunst. Ich finde seine hier ausgestellten Kassetten ja witzig! Seine erste Einzelausstellung ist noch bis Ende Oktober in Amsterdamer Moco zu sehen.
Superflat Art Movement
Direkt daneben hängen in London die Werke von KAWS, Julian Opie, Banksy und dem ganz großartigen Takashi Murakami. Mit dem raumeinnehmenden Panorama wird der japanische Künstler seiner Vorreiterrolle der Neo-Pop Generation „Superflat“ mehr als gerecht. Natürlich dürfen auch die Queen und Sir Elton John von Chris Levine in der britischen Hauptsdtadt nicht fehlen.
Brasilianisches Künstler-Duo
Etwas versteckt ein Werk der brasilianischen Zwillinge OsGemeos in dem man ihre telepathische Art zu arbeiten erkennen kann. Jeder hat an einem Ende angefangen und sie treffen sich in der Mitte. Markant sind die gelben Gesichter und die kulturellen Einflüsse und Geschichten in ihren Fabelwesen.
Atmosphärische Kunst
Im Untergeschoss wird es dann etwas dunkler, ganz in schwarz gehalten finden sich hier NFTs mit szenischer Kunst auf einer Ebene. Ich könnte stundenlang die Atmosphäre des „Lunar Garden“ von Daniel Arsham genießen. Sein Zen Garten in rosa Mondlicht getaucht wirkt so beruhigend und man fühlt sich zeitlos in einer anderen Welt. Aber auch das Spiegelkabinett von Anthony James zieht einen magisch an. Seine Solar Blacks aus Stahl und Glass und LEDs lassen einen Raum und Zeit verlieren. So stelle ich mir den Weltraum vor.
Non-fungible Tokens
Einen kurzen Blick noch auf die NFTs bevor mir den Kopf platzt. Witzig, politisch und teils abstrus, aber alles ist möglich und auch diese Kunst hat den Platz in der Ausstellung verdient. Das Moco selbst schreibt dazu:
„Non-fungible tokens (NFT) are crypto-assets that record the ownership of digital items. NFTs are on blockchain, a type of database where information is stored in blocks. Once the block is filled it’s lined to another, which makes it nearly impossible to hack or cheat the system. NFT’s are unique and rare items that cannot be easily reproduced. Even though anyone can vies or download them, only the buyer can claim ownership. Are NFTs a cryptocurrency like Bitcon? The answer is no. However, they do use the same technology that powers cryptocurrency-blockchain. NFTs have changed the way we buy and sell, and now, it’s the future of digital art! So, when it comes to what can be created and sold as an NFT… the limit does not exist.“
Unterwegs im Outernet
Nach diesem Zwischenstopp stolpere ich dann doch über die aktuell laufende sehr coole „immersive Experience“ Outernet London. Laut der Webseite mit der weltgrößten Videowall im The Now Building.
Ob größte oder nicht, eigentlich egal. Waaaahhhhhnsinnig beeindruckend auf jeden Fall. Ab 10 Uhr morgens bis in die Nacht hinein kann man in unterschiedliche Welten eintauchen – ob Palast oder abstrakte Klötze, die auf einen zurasen, man ist mittendrin statt nur dabei. Mit dem Gebäude Now Trending und der angrenzenden Passage geht es weiter. Bunte Farben, Fabelwesen, Meerestiere und vieles mehr, man muss es erlebt haben. Auch über den Winter werden die Locations von Outernet von zahlreichen Musikveranstaltungen bespielt, ob die dann ihre eigene „Bühnenshow“ in 3D haben? Keine Ahnung, dafür war die Zeit zu knapp.
Aber ich bin mir sicher, London ich komme wieder!