La Bourse de Commerce
Charles Ray
meets
Tadao Ando
La Bourse de Commerce, Paris
Kunst oder Architektur oder Architektur für die Kunst
Tadao Ando hat ein wahres Meisterwerk vollbracht. Moderne trifft Geschichte. Beton katapultiert eine 500 Jahre alte Getreidehalle in die Zukunft. Das Gebäude steht zwischen Louvre und Centre Pompidou, wurde wohl 1578 erbaut und nach der Zerstörung und dem Wiederaufbau 1767 zur Getreidehalle. 1812 bekam es die damals größte Metallkuppel der Welt und war damit 1889 zusammen mit dem Eiffelturm Aushängeschild der Weltausstellung, und wurde schließlich zur „Bourse de Commerce“. Heute beherbergt es die „Pinault Collection“ mit rund 10.000 Werken von 350 Künstlern.
Kreisrund
Tadao Ando hat einen gigantischen Zylinder in das kreisrunde, geschichtsträchtige Denkmal betoniert. Hört sich krass an, ist es auch. Atemberaubend, radikal und doch eine gelungene Symbiose aus alt und modern. Er ist der Mittelpunkt des Gebäudes, lichtdurchflutet von der Glaskuppel und wird gekrönt vom 360°-Gemälde, das die Geschichte des Handels erzählt. Alles ist rund, das ganze Gebäude. Von unten aus erreicht man über einen Rundgang und die Treppen die Ausstellungsräume, den Aufenthaltsraum, den Empfangsbereich und ein wohl sehr leckeres Restaurant im dritten Stockwerk mit Blick über die Stadt. „La Halle aux Grains“.
Béton Brut
Wir hatten das Glück Bauten von Tadao Ando schon auf einer Japan-Reise zu sehen. Der ehemalige Profiboxer hat 1969 als Autodidakt sein Atelier gegründet. Vielleicht geht er deshalb so radikal an seine Werke heran. Äußerst minimalistisch, Sichtbeton (immer in der Größe der klassischen japanischen Tatami-Bodenmatten aus Reisstroh), einfache Formen, meist mit einem zentralen Raum in der Mitte, Licht von oben, hier und da ein Blick nach außen in die Natur. Er verbindet japanische Tradition mit Moderne auf einzigartige Weise. Er ist wohl der bekannteste Architekt Japans. Eine Frage, die man sich fortwährend stellt — wie haben die den ganzen Beton da hinein bekommen?
Horse and Rider
Charles Ray (nicht mit Ray Charles zu verwechseln) arbeitet vor allem skulptural. Er verbindet sein kunstgeschichtliches Wissen, klassische Formen mit zeitgenössischer Umsetzung. Für ihn ist die Wahl des Materials so wichtig wie die Form. Marmor, Beton, Papier, Aluminium, Kohlefaser, alles dabei! Das genau macht aber seine Skulpturen so spannend. Schon vor dem Gebäude steht dieser 9 Tonnen schwere, polierte Reiter aus Stahl im Sonnenlicht, blitzt und funkelt wie im Kitschladen. Aber der Bursche trägt alltägliche Klamotten und keine Uniform, die Zügel hat er wohl auch vergessen?
Männer und Autos
Im Inneren dann, in der riesigen Rotunde, sind die Werke spärlich verteilt. Drei an der Zahl. Ein spielender Junge, eine alte Karre, ein Mann auf einem Klotz sitzend. WOW. Der Junge spielt völlig vertieft mit seinem Spielzeugauto kriegt nichts mit von dem was um ihn herum passiert. Die Karre ist ein altes, eigentlich schrottreifes Auto. Und der Mann auf der Box ist ein Selbstportrait, genaugenommen ist Charles Ray mal so ein Auto gefahren und der Junge ist auch er.
Hyperrealistische Skulpturen
Seine Skulpturen griffen häufig auf Figuren, bzw. Darstellungen in der Kunstgeschichte zurück, sind aber in die Gegenwart geholt und in einen zeitgenössischen Kontext gestellt. Auch spielt er gerne mit Proportionen, was die Werke noch kurioser macht. Charles Ray gilt als einer der wichtigsten zeitgenössischen amerikanischen Künstler. Seine Werke benötigen viel Zeit in der Entstehung, bisher gibt es nur um die 150 an der Zahl. Verglichen mit Picasso, der jeden Tag ein Werk geschaffen hat, ist das nicht viel.
Nach so viel überwältigender Architektur und Kunst, heißt es für uns wieder, husch, husch zurück zum Messestand, damit auch alles passt und wir unser Werk dem Kunden übergeben können. Au revoir, Paris!
Pinault Collection
www.tadao-ando.com
www.charlesraysculpture.com
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