Firelei Bâez @ Louisiana

Firelei Bâez @ Louisiana

Firelei Bâez

@ Louisiana

Skulpturale Darstellung eines Sprungbretts, das durch das Fenster in den Außenbereich ragt

Erster Mai, strahlender Sonnenschein, skandinavische frische Brise, los geht es von Kopenhagen Richtung Louisiana. Eine tolle Fahrt am Meer entlang mit enttäuschender Frühstücksunterbrechung, aber irgendwas ist ja immer. Wir kommen kurz nach 11 Uhr auf dem bereits ziemlich gefüllten Parkplatz an. Krass denken wir, da die Pforten gerade mal vor wenigen Minuten geöffnet haben. Aber die Lage ist relativ entspannt, das Areal riesig. Es verteilt sich und die meisten scheinen zum Frühstücken erstmal ins Restaurant zu gehen.

Skulpturen in einem grünen Park

Ein toller Park am Meer, die vielen würfelartigen Gebäudeteile purzeln um einen herum und dazwischen stehen nett platzierte Skulpturen. Alles von Rang und Namen. Henry Moore, Roy Lichtenstein, Alexander Calder, Joan Miro, Max Bill und zum Auftakt steigen wir direkt in den Spiegelwürfel von Yayoi Kusama. Voll gefläsht stolpern wir weiter durch den Park und kommen vor William Kentridges aufwendiger, raumgreifender Installation wieder auf die Füße. Da geht es echt ab. Als Mannheimer muss man nicht soweit fahren: im Dachstübchen der Kunsthalle ist er auch zu finden. Er hat übrigens gerade den Folkwang-Preis erhalten. Aber zurück zu Louisiana.

Wer hat denn das hier hingestellt?

Der ursprüngliche Besitzer der alten Villa hatte drei Ehefrauen, alle hörten auf den Namen Louise. So hatte er sein Anwesen dann irgendwann Louisiana getauft. Den Namen hat der Nachbesitzer und Gründer des Museums Knud W. Jensen beibehalten. Er war kunstbegeisterter Unternehmer und startete nach dem Verkauf des Unternehmens den Bau des Museums, welches er 1958 eröffnete und lange kuratierte. Die Gebäude wurden über die Jahre erweitert, geschickt in den Hang gebaut und die Ausstellungsflächen sind sowohl über, als auch unter der Erde. Es gibt tolle Ausblicke, innen wie außen.

Großer Baum umringt von Pflanzen neben Gebäudeteilen
Langer Flur aus Holz und Metall mit großen Fenstern, der Ausstellungsbereiche miteinander verbindet

Kern der Sammlung mit mehr als 3000 Kunstwerken sind im Grunde die großen „Blue Chips“ nach dem zweiten Weltkrieg von Anselm Kiefer bis Andy Warhol. Mittlerweile ist das Museum eine Stiftung und wird durch Spenden und aber auch vom dänischen Kultusministerium unterstützt. Es ist das wichtigste Museum für zeitgenössische Kunst in Dänemark. Und es gibt natürlich Sonderausstellungen mit jungen Künstlern. Ebenso gibt es ein Literaturfestival.

lange, dürre Skulpturen in einer Ausstellung

Trust memory over history

Trepp’ auf Trepp’ ab, ein halbes Fitnessprogramm hat man absolviert, wenn man Louisiana durchläuft. Vorbei an einer großen Sammlung von Giacomettis wunderbaren Skulpturen, langen Gängen und gigantischen Bäumen bis wir zur ersten Ausstellung von Firelei Bâez in Europa kommen.

Blick von oben in Ausstellungsraum mit dünnen, langbeinigen Skulpturen und Blick ins Grüne durch ein riesiges Fenster

Firelei Bâez stammt aus der Dominikanischen Republik und ist ab ihrem neunten Lebensjahr in Miami aufgewachsen. Sie hat in den USA Kunst studiert. Ihre kraftvollen Arbeiten sind Mischtechniken die aus Archivmaterial, wie Büchern, Kopien oder großformatigen Landkarten, entspringen. Auf diesen arbeitet sie abstrakt und figurativ mit meist kräftigen Farben, die scheinbar aus dem darunterliegenden Material herausfließen. Sie verarbeitet die gewaltvolle Geschichte der Zerstreuung der schwarzen Bevölkerung über den Planeten, gepaart mit karibischer Mythologie, persönlichen Einflüssen bis hin zu Science Fiction. Bombastische, vielschichtige, kleine wie große Werke, die nachhaltig beeindrucken. Wir waren begeistert.

Bunte Mixed Media Art auf übermalten Archivbildern
Knallpinkes Bild mit Trauben und Haarsträngen auf einem alten Dokument
Ausstellungswand mit bunten Zeichnungen und übermalten Dokumenten

Nach diesem mehr als empfehlenswerten Besuch ging es mit der Fähre über den Øresund nach Schweden und zu einem ziemlich begeisternden Abendessen mit Blick aufs Meer.

Fondation Louis Vuitton

Fondation Louis Vuitton

Fondation Louis Vuitton

Pour la Création – das Ungetüm

Galerie mit Exponaten im Bereich Wohndesign

Pariser Prachtbau

Der neue Prachtbau von Paris liegt etwas abgelegen im Parc d’Aglimatacion im Südwesten von Paris. Mit der Metro gut erreichbar läuft man je nach gewählter Linie noch zehn bis zwanzig Minuten durchs Grüne. Ein für Kids besuchenswerter Spielpark liegt gleich nebenan. Kommt man nun durch den Wald geschlendert, bäumt sich plötzlich ein gigantisches Ungetüm vor einem auf: die Fondation Louis Vuitton. Wie konnte dieses Raumschiff überhaupt hier landen? An gleicher Stelle befand sich ganz früher eine alte Orangerie und mit dem nötigen Kleingeld ausgestattet, kam es irgendwann zur Genehmigung.

Holzkonstruktion mit Badewanne zum Färben von Stoffen

The Vessel

Der Entwurf von Stararchitekt Frank Gehry nennt sich „Vessel“, zu deutsch Schiff, was durch die segelartigen, vorgehängten Glas-Elemente angedeutet wird. Zu unserem Erstaunen ist der Besucheransturm für einen sonnigen Sonntag Mittag recht überschaubar. Noch nicht mal die wuseligen Asiaten, die King Louis gottartig verehren und vor jedem seiner Konsumtempel artig Schlange stehen, hüpfen hier umher. Liegt womöglich daran, dass es zu dem Zeitpunkt weder Ausstellungen in den elf Galerien, noch Handtaschen gab, aber wir waren ja eigentlich auch wegen der überwältigenden Architektur hier.

Stahlkonstruktion mit bunten Kunststofffolien

11.000 Quadratmeter groß

Nun ja, wirklich überwältigend ist irgendwie anders. Schon die Eingangshalle der Fondation Louis Vuitton ist weder sonderlich gigantisch – was man hätte von außen erwarten können – noch erschließt dem Besucher eine klare Struktur, wo er jetzt entlang muss oder soll. Also dann laufen wir mal los; Treppchen hoch am Klo vorbei zum Gebetsraum. An zwei großen Videowänden kriegt man in andächtiger Stille gezeigt, was man sich gleich in echt anschauen darf. A-ha. Immerhin aus Sicht einer Drone, die durch das noch leerere Gebäude fliegen durfte.

Zudem erfährt man hier die Kennzahlen, damit man weiß wie klein das eigene Heim ist: 12 Glassegel, 46 Meter hoch, 154 Meter lang, 11.000 Quadratmeter groß, 15.000 Tonnen Stahl und 110.000 Tonnen Beton. Und plötzlich wird aus der Vessel ein Eisberg – laut Herrn Gehry, der Kern des Gebäudes. Wie war das mit dem Schiffchen und dem Eisberg gleich? Egal. Letzterer hat übrigens eine Außenhaut aus 19.000 unterschiedlichen, weißen, CNC-gefertigten, Fiberglas-verstärkten Betonplatten. Keine gleicht der anderen, krasse Nummer.

Im Kontrast dazu stehen die Glassegel, welche aus 3.600 einzelnen Scheiben bestehen, mit gleicher Größe, aber unterschiedlich gebogen. Dann kam man auf die Idee, die Glasplatten mit kleinen weißen Punkten zu bedrucken, um den Eindruck einer Wolke zu erwecken (waren es nicht Segel?). Nun, der Effekt erweckt höchstens den Gedanken, dass die Scheiben mal wieder geputzt gehören, da der Blick doch deutlich getrübt wird, wenn er über die Skyline von Paris schweifen möchte – hin zum Eiffelturm oder rüber nach La Défense. Ja, sehen kann man von hier weit, mitten im grünen Park.

Raum mit Holzstreben und Holzplatten, in dem ein T-Shirt aus nachhaltigen Materialien hängt

Komplexe Konstruktion

Weiter nach oben! Nun kann man sich zwischen diversen Treppen und verglasten Fahrstühlen entscheiden, irgendwo gibt es auch noch eine Rolltreppe. Mit dieser gelangt man auf eine der Terrassen-Ebenen um dann letztendlich die Architektur auf sich wirken zu lassen, die Konstruktion zu bewundern und die Ausblicke auf die Stadt zu genießen. Aber im Grunde ist das gesamte Gebäude ein Labyrinth: Man läuft durch Gänge, Treppen hoch und runter und bekommt doch nie einen wirklich freien Blick und sucht auch ein wenig den Sinn dahinter. Die Konstruktion ist in gewisser Weise beeindruckend, so viele Träger, Rohre, Ebenen die Kreuz und quer miteinander verbunden sind, habe ich selten gesehen. Da dürfte so mancher Bauleiter verzweifelt sein. Irgendwie enorm. Was leider ausbleibt ist der Wow-Effekt. Es ist groß. Es ist selten. Vermutlich ist das Ganze etwas interessanter und wird in ein anderes Licht gerückt, wenn Ausstellungen laufen.

weiße Pilze für die Verwendung in der Architektur

Das wahre Highlight scheint woanders

Findet man über eine der vielen Treppen nach unten und durch das Auditorium ins Untergeschoss, vorbei an bunten Farbflächen von Ellsworth Kelly — welche ich ja gerne mag — nach draußen, dann steht man vor einem wirklichen Highlight: Die Installation „Inside the horizon“ von Ólafur Elíasson. Sie begeistert schon durch ihre Dimension mit über 90 Metern Länge — und das Gelb ist phänomenal. Da geht wahrlich die Sonne im Keller auf. Zueinander verdrehte gelbe Farbflächen, die mit Spiegeln kombiniert sind, bringen unzählige Facetten, Spiegelungen und Ansichten wenn man mit den anderen Besuchern dazwischen hindurch huscht. Ein gigantisches Kaleidoskop. Ein Ort zum Verweilen. Toll. toll. toll! Hat sich der Weg also doch gelohnt.

Bunte Pappkartonflächen mit Begriffen zum Thema Produktlebenszyklus